Eröffnung der Ausstellung:

Marcus Schwier: Rathaus – Adieu!

am 24.1.2014, um 18.00 Uhr im Museum Ratingen

 

Die Eröffnungsrede (Auszug):

„Sehr geehrter Bürgermeister Birkenkamp, Herr Schwier, meine Damen und Herren,

wie wir gehört haben, sind wir in der glücklichen Lage heute zwei Ausstellungen eröffnen zu können, wobei die eine schon lange angedacht war, die andere dagegen ganz kurzfristig zustande gekommen ist. Beide haben viel mit diesem Ort, mit Ratingen, zu tun und berühren doch ganz allgemeingültige Themen.

Denn wenn Marcus Schwier das Ratinger Rathaus, das 1971-73 nach Plänen der Architekten Schuler und Jatzlau errichtet wurde, noch einmal, kurz vor dem Abriss fotografisch erfasst, dann setzt er es in eine Reihe mit Bauten, die ein ganz ähnliches Schicksal ereilten. Das Studienhaus in Düsseldorf von Bernhard Pfau, das Gerling-Hochhaus in Köln von Hentrich und Heuser oder der Quellekomplex in Nürnberg von Ernst Neufert sind nur einige Beispiele von Gebäuden mit denen sich Schwier befasst hat. Allesamt Beispiele der Nachkriegsarchitektur bis in die 1970er Jahre, die von Bürgerstolz und Wirtschaftswunder erzählen, die als herausragende Architektur galten oder zumindest – wie das Ratinger Rathaus – den Stil der Zeit par excellence widerspiegeln.

Wenn Schwier nun das hiesige Rathaus in diesen illustren Reigen aufnimmt, adelt er nicht nur – sozusagen posthum – den Bau. Er macht auch den Kontext klar, in dem nicht nur die Fotografien zu verorten sind, sondern in dem auch das Gebäude selbst steht. Denn mit seiner spröden Formensprache und dem Sichtbeton als einem bevorzugten Baumaterial hat diese Architektur nie wirklich die Akzeptanz oder gar Liebe der breiten Masse erlangt. Und mit den baulichen Mängeln – ebenfalls ein Phänomen der Entstehungszeit – stehen heute nach nur 40, 50 Jahren allenthalben Entscheidungen über Abriss oder teure Instandsetzung einer ganzen Architekturepoche an. Ein Faktum, dass heiß diskutiert wird, nicht nur in Ratingen, sondern ebenso in Köln mit dem Schauspielhaus, dem Rathaus in Mainz oder dem Historischen Museum in Frankfurt.

Die Fotografien von Marcus Schwier sind jedoch weitaus mehr als reine Dokumentationen eines Gebäudes. Für die Aufnahmen arrangiert er nichts. Kein Stuhl wird verrückt, kein Tischtuch gerade gezogen – und doch sind seine Aufnahmen hoch artifiziell. Bei der Auswahl eines Bildausschnitts überlässt er nichts dem Zufall. Schon während der Aufnahme – nicht etwa nachträglich bei der Bildbearbeitung – wählt er seinen Ausschnitt, lässt die Linien in die Bilddiagonale fluchten oder sich in die Höhe staffeln. Schwier „baut“ seine Bilder. Und schafft damit eine überzeugende Konkordanz von Form und Inhalt. Seine Arbeiten lassen die Ästhetik einer Architektur erkennen, der oftmals und bis heute die Akzeptanz fehlte. Sie zeigen aber auch schonungslos, warum das so ist und entlarven In ihrer Genauigkeit die Schwächen und Unzulänglichkeiten. So öffnet die Auseinandersetzung mit einem hiesigen, ganz lokalen Bauprojekt, den Blick auf eine ganze Epoche und wirft die Frage nach dem Umgang mit ihr auf. ….“

Quelle: Dr. Alexandra König, Museum Ratingen

Die Ausstellung ist auch im Rahmen des Düsseldorf Photo Weekend zu sehen.