Ludwiggalerie Schloss Oberhausen zeigt:

„Let’s buy it – Kunst und Einkauf“

Ludwiggalerie Schloss Oberhausen
Let´s buy it, Marcus Schwier Photography

Seit mehr als einem Jahrzehnt boomt der Kunstmarkt – finanziell und international. Doch von den Spitzenumsätzen haben 97 Prozent aller Künstlerinnen und Künstlerinnen wenig bis gar nichts. Die Oberhausener Ludwiggalerie macht aus dem Verhältnis von Kunst und Geld eine Ausstellung: „Let’s Buy It! – Kunst und Einkauf“.

Kunst und Einkauf, das komplexe Verhältnis aufzudröseln, ist das – gewagte – Vorhaben der Ausstellung „Let’s buy it“. Ist es die Relevanz, das Renommee oder doch an den Renditeaussichten; wer weiß schon, welche Parameter dazu führen, dass das Kulturgut am Ende des Tages beim Konsumenten landet?

Der Gesamteindruck: etwas anachronistisch, ein Wirtschaftswunder-Panorama, die Grenzen zu Design, Werbung – und Sex-Sells-Kitsch – fließend. Kunst und Geld, Kunst über Geld, Kunst aus Geld heißen die Themenbereiche, die fünf Jahrhunderte assoziativ durchwandern. In der Auslage sind Albrecht Dürers direkt neben Andy Warhols drapiert. Hält der Vergleich? Museumsleiterin Christine Vogt:

„Nein, das kann man natürlich nicht vergleichen. Aber was beide verstanden haben: Dass beide sich Sortimente zugelegt haben. Das ist ja schon so eine Waren-Idee. Dürer hat genau geguckt: Welche Themen nehme ich in höheren Auflagen? Die heute berühmten Meisterstücke waren in viel kleineren Auflagen als zum Beispiel Marienleben oder irgendwelche Heiligenbildchen.“

Tulpen als Alternativwährung

Maria war gestylt als „Dürer’s Next Topmodel“, dem Schönheitsideal ihrer Zeit folgend. Gut ist, was sich verkauft, das ist also marktkonforme Kunst, seit jeher schon. Und so hangelt man sich durch die etwas überladene Ausstellung: Von Skulpturen Goldener Midas-Hände, die – als ironisches Zitat – offenbar jeden Galerie-Ladenhüter zu Gold verwandeln können, in Analogie mit diesem Midas-Effekt: Meisterwerke kann man selten essen.

Über historische Exkurse wie der Manie um Tulpenzwiebeln im niederländischen Barock. Nein, nicht schon wieder Vergänglichkeits-Symbole, wurde mit und über Tulpen tatsächlich einmal an der Börse spekuliert: „Tulpen aus Amsterdam“ waren Alternativwährung und beliebtes Sujet.

Und wieder zurück zu aktuellen Künstlern wie Laas Abendroth, der den Schriftzug „Geld auf Leinwand“ trotzig faul auf eine Leinwand geschmiert hat, als Kunstmarkt-Parodie. Insgesamt etwas viel also.

„In den Geschäften und Kiosken ist es natürlich genau so für den Käufer: Dass man das Gefühl hat, das wollen alle, da gibt es noch ganz viel davon und das bekomme ich jetzt.“

Zwischen Kunst und Werbung

Ja, aber warum? Ist in diesem Parcours – wie der Barockdichter Gryphius sagte „alles eitell“? Und den Besuchern wird ihre eigene Konsum-Anfälligkeit vorgeführt? Bei der Eröffnung waren zahlreiche Künstler anwesend. Der Düsseldorfer Fotograf Marcus Schwier zum Beispiel erklärte, dass er, wenn er analog fotografiert, bewusst einen schwarzen Rahmen und eine bestimmte Dosis Silberkorn auf seinen Abzügen hat.

„Werbung und Kunst gehen ja, wie auch bei dieser Ausstellung, immer ineinander über. Der Kontext macht es zu Kunst. Oder eben auch zu Werbung.“

Ludwiggalerie Schloss Oberhausen
Let´s buy it, Marcus Schwier Photography

Das seien so Codes, die der Markt einfordere. Kunst um der Kunst Willen herzustellen, das könnten sich nur wenige erlauben. Solche Hintergrundinfos, wie der Markt tickt, muss man sich ansonsten in der Ausstellung ein wenig zusammensuchen und -reimen. Wie in einem Elektromarkt ohne Fachverkäufer.

Zu komplex, um es analytisch zu durchdringen

Im Nachhall muss man an die Wartezimmer von Zahnarztpraxen denken. An Kunst-Postkarten-Ständer und Billig-Kunst-Kaufhäuser, die Reproduktionen anbieten. Wenn man sich im großen Überblick vorstellt, was unter dem Etikett Kunst so alles verkauft wird und das alles nur aus der Perspektive des Kaufens und Verkaufens beurteilt, dann ist man schnell ganz weit weg von millionenschweren Meisterwerken auf Auktionen und auch von Kritikers Lieblingskunst. Man landet eher so beim Allerweltsbegriff: Was auch immer ich zu Kunst erkläre, ist Kunst. Man kann also viele Phänomene über das Verhältnis von Kunst und Einkauf aufzählen, analytisch durchdringen kann man es in einer Ausstellung nicht; dafür ist – und bleibt es – zu komplex.

Quelle: Peter Backhof / DEUTSCHLANDFUNK  vom 23.01.2017

Ludwig Galerie Schloss Oberhausen zeigt:

Let’s buy it!

Kunst und Einkauf

Von Albrecht Dürer über Andy Warhol bis Gerhard Richter

22. Januar bis 14. Mai 2017

Vernissage: Samstag, 21. Januar 2017, 19 Uhr

Ludwiggalerie Schloss OberhausenLudwiggalerie Schloss Oberhausen

Kunst und Kaufen, zwei Dinge die eng zusammenhängen und doch weit auseinander zu liegen scheinen. An der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit tritt Albrecht Dürer als einer der ersten Kunst-Unternehmer auf. Die Moden des Kunstmarktes zeigen sich über die Jahrhunderte in Übermalungen oder Umdeutungen von Themen. Die Frage nach Original, Kopie und Fälschung stellt sich immer wieder. Große Spekulationsblasen wie die Tulpomania des 17. Jahrhunderts verbinden Kunst- und Geldmarkt.

Das 20. Jahrhundert stellt dann alle Traditionen auf den Kopf. Marcel Duchamp erklärt Industrieware zur Kunst, Andy Warhol und die Vertreter der Pop Art nehmen Supermarktprodukte in ihre Bilder auf. Und auch das Verhalten von Menschen beim Einkauf wird nicht nur in Rudolf Holtappels Fotoserie Menschen im Warenhaus beobachtet. Wenn Gerhard Richter auf seinem Gemälde Mutter und Tochter Brigitte Bardot mit ihrer Mutter beim Shoppen zu zeigen scheint, verbindet sich hier das Thema des Einkaufens mit dem teuersten Maler des aktuellen Kunstmarktes.

Die 1960er Jahre versuchten mit neuen Formen wie Multiples und Auflagendrucken Barrieren abzubauen und mit der Forderung „Kunst für alle“ die Verbindung von Kunst und Leben herzustellen. Doch wird die Schere immer größer, der Kunstmarkt explodiert seit Jahren und auch die Finanzkrise konnte diesem Phänomen nichts anhaben. Dass Kunst die „teuerste Luxusware unseres Kulturkreises“ (Piroschka Dossi) geworden ist, daran reiben sich auch die Künstler. Kritische Positionen gibt es außerdem zum allgemeinen Konsumverhalten und auch das Geld, das Zahlungsmittel für Kunst und Luxus, wird Teil der Werke oder Träger der Bilder.

Diese breit angelegte Ausstellung, die Arbeiten vom 15. Jahrhundert bis heute, vom Kupferstich bis zur Videoinstallation, vereint, beleuchtet nun erstmals in dieser Form das weite Feld, das Kunst und Einkauf verbindet. Von Marcus Schwier werden insgesamt 10 meist großformatige Arbeiten gezeigt.

Ein umfangreicher Katalog wird die Präsentation begleiten: Let’s buy it!

KÜNSTERLISTE:

Laas Abendroth / Pieter Aertsen / Katharina Arndt / Gerd Arntz / Ruben Aubrecht / Ernst Barlach / Franziska Becher / Matthias Beckmann / Joseph Beuys / László Boris / Axel Brandt / Quiringh Gerritz. van Brekelenkam / Jacob Gerritsz. Cuyp / Michael Dannenmann / Maximilian Dasio / Jim Dine / Otto Dix / Walter Dohmen / Marcel Duchamp / Albrecht Dürer / Harald Duwe / Don Eddy / Elliott Erwitt / Hermann EsRichter / Richard Estes / Conrad Felixmüller / Sylvie Fleury / Mark Formanek / Günter Fruhtrunk / Geheimagentur / Martin Gensheimer / Ernst Moritz Geyger / Jochen Goerlach / Ralph Goings / Geldorp Gortzius / Erasmus Grasser / Johannes Grützke / Keith Haring / Johann Peter Hasenclever / Thomas Hoepker / Rudolf Holtappel / Lambert Hopfer / Thomas Huber / Johannes Hüppi / Gustav Jasser / Gudrun Kemsa / Ernst Ludwig Kirchner / Konrad Klapheck / Herlinde Koelbl / Brigitte Kraemer / Bernhard Kretzschmar / Barbara Kruger / Peter Lacroix / Christin Lahr / Roy Lichtenstein / Frans Masereel / Wolfgang Mattheuer / Heiner Meyer / E. R. Nele / Marie-Luise O’Byrne- Brandl / Max Pechstein / Sven Piayda / Pablo Picasso / Christoph Platz / Johann Gottlieb Prestel / Jim Rakete / Mel Ramos / Tibout Regters / Gerhard Richter / Arno Rink / Hans Robelar / James Rosenquist / Christian Schad / Marcus Schwier / Gunhild Söhn / Anton Sohn / Klaus Staeck / Anton Stankowski / Johann Nepomuk Strixner / Günter Uecker / Timm Ulrichs / Philipp Valenta / Frederik van Valkenburg / Wolf Vostell / Hermann Waldenburg / Andy Warhol / Heinrich Zille